…oder: wie man aus einem klimatisierten Büro heraus, tolle Entscheidungen treffen kann, die man bei 32°C im Schatten schnell wieder bereut! (… oder: Leider geil!)
Letztes Jahr hatte ich von einem Firmenlauf in Würzburg gehört, bei dem wohl einige meiner Kollegen und Kolleginnen teilgenommen hatten und auch durchaus davon angetan waren. So dachte ich in meinem (nicht ganz so stillen) Kämmerlein (Großraumbüro), dass ich doch da auch mitlaufen könnte – nachdem ich auch regelmäßig beim Lauftreff war. Es bot es sich also an (zwang sich geradezu auf) in Würzburg am WÜ2RUN teilzunehmen.
Also nichts wie Excel-Liste aufgemacht und mal meinen Namen eingetragen. Schon irgendwann Anfang Mai. Wo es angenehm draußen war (eher ein wenig kühl) und ein klimatisiertes Büro mir wohl ein paar Gehirnwindungen verbogen hat. Der Gedanke, dass es am 01. Juli 2015 warm sein könnte, war mir nämlich irgendwie abhanden gekommen. Wobei „warm“ im Kontext einer Rekord-Temperatur-Woche noch untertrieben ist (37.7°C in Bad Mergentheim und 40.3°C in Kitzingen).
Anreise
Am ersten Juli mache ich wie geplant eine kleine Pause von meinem Urlaub (am Rennsteig) um am Firmenlauf teilzunehmen. Ich ahne schon auf der Fahrt, dass es ohne Klimaanlage draußen kein Zuckerschlecken sein wird. Als ich in Würzburg aus dem Auto steige, wird meine Ahnung Gewissheit.
Mit der Straba zum Dalle
Meine Freundin will die Gelegenheit nutzen und hat sich mit einer Freundin verabredet. Die beiden gehen ein wenig bummeln und suchen dann irgendwo ein nettes Plätzchen um zu zusehen. Ich beschließe mein Auto stehen zu lassen um mit der Straßenbahn zum Dallenbergbad zu fahren. Kaum angekommen bin ich sehr froh dieser Eingebung gefolgt zu sein. Zu behaupten dort wäre ein kleines Verkehrschaos entstanden wäre das so, als würde man behaupten, dass in einem Ameisenhaufen nur gelegentliches Kommen und Gehen herrsche.
Waiting for WITTENSTEIN
Ich stehe noch ein Weilchen vor dem Eingang, denn ohne ein orangenes Armband kommt man nicht rein und ich habe noch keine Wittensteiner erblickt, die mir eins geben könnten. Endlich sehe ich eine ganze Truppe von Türkisen T-Shirts mit WITTENSTEIN-Logo. Schwer beladen mit kleinen Wägen voll Zeug schieben sich die Mädels vom HRM durch die Menge. Ich schließe mich ihnen an und helfe beim Transport. Ich bekomme ein orangenes Bändchen und wir betreten das Gelände, wo wir nach einigem hin und her unseren Sammelplatz (Homebase whatever) zugewiesen bekommen.
Zeit totschlagen
Dann gammeln wir alle noch ein wenig rum. Die meisten sind bereits umgezogen und warten darauf, dass es los geht. Der Veranstalter allerdings trägt der Hitze Rechnung und verlegt den Start um eine halbe Stunde nach hinten – in der Hoffnung die Temperaturen würden etwas sinken in dieser Zeit. Vergebliche Hoffnung.
Start
Im Gegensatz zu meinen bisherigen Läufen ist der WÜ2RUN mit etwa 4000-4500 Läufern ziemlich gut besucht. Es herrscht am Start reges Gedränge. Nervös tippelt der eine oder andere Läufer vor sich hin. Aus den Lautsprechern dröhnt Anheiz-Musik. Die Stimmung ist gut, motiviert, Energie geschwängert, viele beginnen mit den Gummihufen zu scharren. Endlich zählt der Veranstalter einen Countdown von 10 herunter und BÄÄÄÄM…
Fehlzündung
Es passiert nichts! Gar nichts! Zumindest nichts was für mich uns meine Kollegen ersichtlich gewesen wäre. Gerüchte-weise heißt es, dass es sich um den Start gehandelt haben müsse und dass nun schon Leute los gelaufen wären. Wir dagegen stehen noch eine ganze Weile – ca. 5 Minuten wie sich im Nachhinein aus der Nettozeitnahme ablesen lässt.
Ahhh, es kommt Bewegung in die Sache: die 3 Meter breite Start-Zone (mit Zeitnahmematte) kommt näher. Angespannte Blicke richten sich nach vorne. Verkrampfte Daumen und Zeigefinger wandern zu den heiligen Tasten der Sportuhren. Ladies and Gentlemen – please start your tracking!
Rohrkrepierer
Hinaus geht es aus dem Dallenbergbad, scharf links und den Hügel hinunter durch die Straßenunterführung nur um auf der anderen Seite nach etwa 300 gelaufenen Metern an der Rampe zur Konrad-Adenauer-Brücke sofort wieder aus vollem Lauf zu stocken.
Also ich bin ja auch keine Bergziege aber hier schon ins Gehen zu verfallen finde ich trotz oder gerade wegen der Menschenmassen schon etwas enervierend. Endlich ist der „Berg“ überwunden und es geht über die Brücke. Es ist ziemlich schmal und das eine oder andere Überholmanöver ist nur mit waschechten Stunt-Einlagen oder Ellenbogen-Einsatz möglich.
Laufen oder Parcour?
Nach überwinden der Brücke führt die Strecke links auf den Fahrradweg und am Main entlang bis zur Alten Mainbrücke (da wo die „Schoppenpfetzer“ im Sommer immer auf der Brücke stehen und mit ihren roten Nasen mindestens so schön leuchten wie der Würzburger Sonnenuntergang).
Auf diesem Weg, müsste man meinen, zieht sich das Feld auseinander, so dass etwas mehr Platz entsteht. Doch weit gefehlt – die Wege sind wieder schmal und der Grünstreifen wird rege mitbenutzt. Die Zahl von 4000 Läufern klingt erst einmal nach nicht so viel (wenn man von 45000 Läufern in Frankfurt spricht erst recht nicht), aber wenn man mitten drin ist und gerade einen kleinen Haken um eine plötzlich auftauchende Sitzbank geschlagen hat, dann ist eben alles relativ.
Hombre, iiiisd das heiß hiiiier…
Die Hitze ziemlich unerträglich – zumindest für mich. Ich hatte das ja schon bei dem Lauf in Rothenburg kurz erwähnt, glaube ich. Die Sonne scheint nach wie vor kräftig (obwohl der Start ja etwas nach hinten verlegt wurde) und ihre Strahlen haben die Luft den ganzen Tag aufgeladen.
Ich schwitze und schnaufe, dabei bin ich überhaupt nicht schnell. Ich habe mir schon am Start vorgenommen, mir diesmal überhaupt nix vorzunehmen (oder so…). Ich verausgabe mich nicht bis zum Letzten, aber anstrengend ist es dennoch.
Trockenheit und Energieübertragung
Die Strecke führt unter der Alten Mainbrücke durch und rechts zum Vierröhrenbrunnen. Ich halte mich auf der Innenseite der Kurve um selbigen. Schei…(!)nbar bin ich grade an der ersten Verpflegungsstelle mit Wasser (auf der Außenseite der Kurve) vorbei geeiert. Dabei klebt mir das Zäpfchen schon am Gaumen! Ich entdecke meine Freundin am Anfang der Brücke. Zusammen mit einer anderen Freundin steht sie am Rand und beide recken eine Hand, die ich im vorbeilaufen abklatsche. Es muss sich um irgend eine Form von Energieübertragung gehandelt haben, denn ich fühle mich etwas frischer.
Auf der anderen Seite der Mainbrücke geht es wieder rechts an der Straße entlang (mit Flatterband abgesichert) und dann dort auf den Fahrradweg. Immer wieder stehen ein paar Leute am Wegesrand und feuern das eine oder andere vorbeilaufende Firmenlogo an.
Oase
Die zweite Verpflegungsstelle bringt etwas Abkühlung – einen Schluck für den Gaumen, den Rest über den Kopf. Will denn diese Hitze kein Ende nehmen? Etwa 5 Kilometer müssen jetzt hinter mir liegen und noch etwa 2.4 vor mir. An so etwas törichtes wie Tempo anziehen denke ich nicht – dazu fehlt mir bei der Hitze schlicht die Motivation (auch wenn mein Puls behauptet ich könnte noch ein wenig – Verräter-Uhr! Hat bestimmt ne Fehlfunktion!).
Der Weg ist nun etwas schattiger, aber die Luft steht. Die Meter ziehen an mir vorbei und das eine oder andere Straßenschild in Sichtweite kündigt das Dallenbergbad an. Die Konrad-Adenauer-Brücke kommt wieder in Sicht. Hmm… wie kommen wir da jetzt über die viel befahrene Kreuzung? Ist da wieder eine Unterführung? Ähmmmm Nein!
Nicht ernsthaft?!
Ich erreiche die Konrad-Adenauer und stelle mich an. Nicht etwa, weil einem genialen Menschen eingefallen ist, dass hier eine Verpflegungsstation oder ein Eiswagen hervorragend platziert wäre, sondern weil sich irgend ein Hirni (Entschuldigung) ausgedacht hat, dass eine Treppe die sich 3-4 mal um den Brückenpfeiler windet eine gute Abwechslung und Möglichkeit wäre wieder zum „Dalle“ zurück zu kommen. Für 4000 Leute.
(Das ist natürlich nicht fair, denn die einzige andere Möglichkeit wäre gewesen die komplette Kreuzung zu sperren – aber erklärt das mal meinem überhitzten Körper)
Im Schneckentempo… nein falsch im Gletschertempo geht es die Treppe Stufe um Stufe hoch. Die Luft steht. Gefühlt mindestens 50°C. Das nasse WITTENSTEIN-Shirt klebt am Körper. Der Puls geht runter – dummer Körper, denkt natürlich jetzt ist Feierabend – die langsamen Bewegungen kosten Kraft und die Muskeln weinen ein Bisschen.
End-„Spurt“ / Land in Sicht
Oben angekommen nochmal „durchstarten“ bzw. überhaupt mal „zünden“ und wieder ins Tempo kommen. Ich eiere ein wenig, doch ich weiß, es sind nur noch 300 Meter, also gebe ich Gas. Es geht den Eingangs erwähnten Hügel hinunter in die Unterführung – ich brauche meine Konzentration damit die Füße meinem Körper rechtzeitig hinterher kommen. Im Vorbeilaufen sehe ich, wie ein Läufer auf einer Sanka-Trage versorgt wird, daneben noch ein sitzender mit einem Kühlbeutel auf dem Kopf. Schnell weg hier – schlechte Aura.
Finish
Ich erklimme die leichte Steigung zum „Dalle“ und werde von unserer freundlichen Fotografin aus dem HRM „geblitzt“. Jetzt nur noch durch das Tor, um die Kurve und dann kommt endlich die Zielmatte! Eine echte Erlösung in dieser Hitze! Finish! Durst!
Ich japse ein wenig vor mich hin, während ich zum WITTENSTEIN Sammelplatz (mit Pavillon und Fahnen) zurück wackele.
The best HRM on earth
The best HRM on earth hat einen Haufen kalte Getränke bereit gestellt und auch für jede Menge leckeres Essen ist gesorgt. Man kann gar nicht genug dafür danken, erst recht nicht nach so einer Hitzeschlacht.
(Es gibt leckere Wraps, belegte Brötchen, Obstsalat und jede Menge verschiedene Getränke – so gut!)
Verschnaufen
Ich nuckle erst mal eine Flasche Wasser und eine Dose Kokos-Saft leer (wo bitte gibt es dieses geile Zeug nur zu kaufen?!) und setzte mich zu den anderen Kollegen ins Gras. Wir leiden alle noch ein wenig vor uns hin, aber die Laune steigt schon wieder und die Lebensgeister kehren zurück.
Es wird noch ein wenig mit dem Handy nach den offiziellen Zeiten gesucht und über die Strecke gefachsimpelt – und so langsam scheint sich die Sonne zu erbarmen und verzieht sich hinter den Bäumen und dann hinter dem Horizont.
Offiziell
Meine offizielle Zeit ist 41:25 Minuten für 7.4 Kilometer. Das habe ich schon besser gekonnt, aber was soll’s. War trotzdem irgendwie geil! Mit den ganzen Kollegen (manche davon ziemlich erfolgreich und der Großteil davon schneller als ich) und den vielen Leuten in Würzburg (ohnehin irgendwie ne geile Stadt). Da bin ich nächstes Jahr sicher wieder dabei – dann hoffentlich bei strömendem Regen und 10°C – ich bin da sehr für Abwechslung!
Great job, liebe Kollegen!
Viele Grüße und viel Spaß beim Laufen,
Andi
Hey Andi,
schau Dir mal den Firmenlauf vor der Haustür an: http://www.fci-ifl.de
Gruß
Peter R
Hey,
Hab ich heute schon in der Fränkischen gelesen – bin gespannt ob wir von Wittenstein ein Team stellen – aber ich bin guter Dinge. Wär ja schade wenn wir in Würzburg starten würden, aber nicht in Igersheim.
Gruß,
Andi